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Klimaschutz in der Zementindustrie

: März 29, 2022

: Bellona

Die Zementproduktion ist einer der emissionsintensivsten Prozesse in der Industrie. Man kann Zement-Emissionen auf verschiedene Weisen reduzieren, aber die Abscheidung und permanente geologische Speicherung von CO2 ist der einzige beschriebene Weg zu Null-Emissionen.

Zement als wesentlicher funktionaler Bestandteil von Beton ist derzeit der wichtigste Baustoff weltweit. Zementproduktion ist eines der emissionsintensivsten Prozesse in der Industrie. Man kann Zement-Emissionen auf verschiedene Weisen reduzieren, aber die Abscheidung und permanente geologische Speicherung von CO2 ist der einzige beschriebene Weg zu Null-Emissionen.

 

Emissionsintensität der Zementherstellung

In Deutschland wurde im Jahr 2020 mehr als 35 Mio. Tonnen Zement produziert, wofür etwa 25 Mio. Tonnen Zementklinker benötigt wurden. Die Herstellung von Zementklinker ist einer der emissionsintensivsten Prozesse in der Industrie. So entstehen pro Tonne produzierten Zements 587 Kilogramm CO2. In Summe führt es dazu, dass die mineralverarbeitende Industrie circa 24 Prozent der deutschen Industrieemissionen ausmacht. Dieses ist auf die außerordentlich hohe Emissionsintensität der Zementklinkerherstellung zurückzuführen.

Reichlich die Hälfte der CO2-Emissionen, die während der Produktion von Zementklinker entstehen, sind Prozessemissionen. Das bedeutet, dass man sie nicht durch Verwendung von erneuerbaren Energien vermeiden kann. Selbst in einem zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien betriebenen Zementwerk würden noch etwa 60 Prozent der heutigen CO2-Emissionen weiterhin als Prozessemissionen entstehen.

Ferner ist die Umstellung auf erneuerbare Energien mit besonderen Herausforderungen verbunden, denn die Herstellung von Zementklinker ist ein Hoch-Temperaturprozess und erfolgt bei 1.450 °C. Während Niedrig-Temperaturwärme hocheffizient durch direkte Elektrifizierung mit 100 Prozent erneuerbarem Strom unter Einsatz von zum Beispiel Wärmepumpen bereitgestellt werden kann, bleibt erneuerbare Hoch-Temperaturwärme eine technologische Herausforderung. Es ist zu erwarten, dass weiterhin Brennstoffe, zum Beispiel Biomasse oder nicht-recycelbare Abfälle, Verwendung finden. Somit würden weiterhin CO2-Emissionen entstehen.

Optionen zur Emissionssenkung

Der sehr hohe Energieverbrauch und die sehr hohen Prozessemissionen der Zementklinkerherstellung legen nahe, dass eines der wichtigsten Handlungsfelder die Reduzierung des Verbrauchs sein muss, also die Reduzierung des Beton-, Zement- und Zementklinkereinsatzes. Dieses kann gelingen durch

  • Verwendung von alternativen Baustoffen, zum Beispiel Holz
  • Anwendung von innovativen Bauweisen, die zu einem geringeren Einsatz von Beton und Zement führen
  • Anwendung von innovativen Zementsorten, die einen geringeren Zementklinkeranteil enthalten

Auch wenn Verbrauchsreduktion bestmöglich gelingt, werden Beton, Zement und somit auch Zementklinker weiterhin benötigt, denn für Brücken, Tunnel und Hochhäuser kann man auf diese Materialien nicht vollständig verzichten. Durch die anstehenden Infrastrukturinvestitionen ist ein wesentlicher Rückgang der Nachfrage kurz- und mittelfristig nicht in Aussicht. Im Sinne des Klimaschutzes muss es gelingen, den benötigten Zement emissionsfrei herzustellen.

Durch Optimierung der Energiebereitstellung können nur die energiebedingten Emissionen der Zementklinkerherstellung gesenkt werden. Das macht nur knapp die Hälfte aller Emissionen aus. Dennoch: Energieeffizienz ist nicht nur ein Klimaschutz-Erfordernis, sondern war schon immer auch ein wirtschaftliches Gebot. Vielfach zum Einsatz kommt die Strategie der Brennstoffsubstitution. Dabei wird der herkömmliche emissionsintensive Brennstoff Braunkohlestaub zunehmend durch Abfallstoffe oder Biomasse ersetzt. Die Verwendung eines emissionsärmeren Brennstoffs ist zu begrüßen, kann aber die Emissionen nicht bis auf Null senken.

Emissionsstruktur der Wertschöpfungskette Beton und Zement, Quelle: Maddalena et al. 2018 Emissionsstruktur der Wertschöpfungskette Beton und Zement, Quelle: Maddalena et al. 2018

Die verbleibenden Emissionen müssen durch Abscheidung und permanente geologische Speicherung von CO2 aus den Zementwerken reduziert werden. Eine andere Lösung ist bislang nicht beschrieben worden.

Abscheidung, Nutzung und permanente geologische Speicherung von CO2

Aufgrund des hohen Anteils an Prozessemissionen in der Zementklinkerproduktion ist die Abscheidung  und permanente geologische Speicherung von CO2ein notwendiger Schritt, um Null Emissionen in der Zementklinkerproduktion zu erreichen.

Für die Abscheidung des CO2 aus Prozessgasen gibt es mehrere Verfahren. Unter den wesentlichen Technologien, welche die Prozessemissionen der Zementklinkerproduktion erfolgreich abscheiden können, sind das Oxyfuel-Verfahren und die Aminwäsche am vielversprechendsten. Diese beiden Verfahren bieten sehr hohe CO2-Abscheidungsraten von mehr als 95 Prozent. Das abgeschiedene CO2 kann anschließend transportiert und permanent geologisch gespeichert werden. Die permanente Speicherung erfolgt unterhalb der Nordsee, wo es ausreichende Kapazitäten gibt.

Das abgeschiedene CO2 lässt sich als Rohstoff für eine Reihe von anderen Zwecken weiterverwenden. Entscheidend für den Klimaschutz: CO2 muss langfristig in langlebigen, wiederverwendbaren, reparierbaren und recycelbaren Produkten gebunden bleiben.

Besonders hervorzuheben ist hier die Karbonatisierung von mineralischen Rohstoffen mit CO2, bei der das CO2 permanent in einem mineralischen Werkstoff gebunden wird. Dieser könnte zum Beispiel wiederum als Baumaterial verwendet oder als Gestein deponiert werden. Letzteres wird auch als eine Form der permanenten geologischen Speicherung praktiziert, zum Beispiel durch das Projekt Carbfix. Weiter lässt sich CO2 biologisch an Meeresalgen „verfüttern“, welche sich davon ernähren. Eine Auflistung der möglichen chemischen Folgeprodukte bietet die Grafik „Mögliche Anwendungen von CO2 in der Chemie“.

Mögliche Anwendungen von CO2 in der Chemie, Quelle: CO2-Roadmap des VDZ Mögliche Anwendungen von CO2 in der Chemie, Quelle: CO2-Roadmap des VDZ

 Besonderheiten des Beton- und Zementmarktes

Der Beton- und Zementmarkt weist einige Merkmale auf, welche relevant für den Klimaschutz in diesen Sektoren sind. So spielt die öffentliche Beschaffung eine tragende Rolle, weil Bautätigkeiten des Bundes, der Länder und der Kommunen 34,5 Prozent des Gesamtbedarfs an Beton- und Zement in Deutschland verursachen. Besonders die öffentlichen Arbeiten im Tiefbau tragen zu diesem hohen Beton- und Zementverbrauch bei. Durch diesen Umstand kann eine konsequente Anwendung von Klimaschutzkriterien in der öffentlichen Beschaffung die Nachfrage nach klimaneutralen Zementen und Betonen sehr wirksam stimulieren und einen Leitmarkt für diese notwendigen Materialien schaffen. Dieses Potentiale der öffentlichen Beschaffung muss unbedingt genutzt werden.

Die Produktion von Beton und Zement ist stark regional geprägt. Die regionale Eigenversorgungsquote West, Ost, Nord, Südwest und Süd beträgt in Deutschland zwischen 76 bis 88 Prozent und ist damit sehr hoch. Im Umkreis von 100 Kilometer um ein Zementwerk werden 75 Prozent der produzierten Zementmenge verbraucht. Eine Konsolidierung auf wenige Standorte ist aller Voraussicht nach nicht wirtschaftlich und aus Klimaschutzsicht nicht erstrebenswert, weil der Transport von Zement und Beton sehr aufwendig ist. Es handelt sich um Schwertransporte, die sich wegen der hohen Transportgewichte nicht elektrifizieren lassen und mit hohem Treibstoffverbrauch verbunden sind. Daraus ergibt sich, dass Zementwerke über die Fläche verteilt bleiben und zum Abtransport des aus ihnen abgeschiedenen CO2 eine flächendeckende Lösung benötigt wird.

Benötigte Infrastruktur

Die permanente geologische Speicherung von CO2 wird vermutlich bevorzugt in den Speichern unter der Nordsee stattfinden. Daher benötigen die Zementwerke einen Anschluss an einen Nordseehafen, von dem aus dann die weitere Verschiffung zu den Speichern erfolgt. Aufgrund der flächigen Verteilung der Standorte ist vermutlich leitungsgebundener Transport in CO2-pipelines in Kombination mit Binnenschiffs- und Zugtransport eine optimale und ressourcenschonendere Option. Für kleinere Mengen über kurze Distanzen kann auch LKW-Transport eine sinnvolle Ergänzung sein. Deshalb setzt sich Bellona dafür ein, dass ein zu schaffender regulatorischer Rahmen für eine CO2-Infrastruktur alle diese Transportmöglichkeiten berücksichtigt, ermöglicht und förderfähig macht. Denn für eine optimale Transportlösung werden alle diese Komponenten benötigt.

 

Bellona fordert: 

  • Die Bundesregierung muss schnellstmöglich die Abscheidung, Nutzung und permanente geologische Speicherung von CO2 in der Zementindustrie ermöglichen. Dazu muss sie:
    • Gesetzliche Rahmenbedingungen auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene schaffen bzw. bestehende Vereinbarungen ratifizieren
    • Finanzierungsmechanismen oder Förderinstrumente schaffen, um die Investitionen in Anlagentechnik und Infrastruktur sowie die erhöhten Betriebskosten managen zu können
    • Den Bau einer CO2-Infrastruktur unterstützen und herbeiführen. Die CO2-Infrastruktur muss leitungsgebundenen Transport, aber auch den Transport, per (Binnen)schiff, Zug und LKW gleichermaßen beinhalten.