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Evaluierung des KSpG – eine Annäherung an CCS

: Dezember 21, 2022

: Amrei Milch

Der Evaluierungsbericht der Bundesregierung zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) könnte den Beginn eines grundsätzlichen Umdenkens zu Carbon Capture und Storage (CCS) in Deutschland einläuten. Auf Basis eines umfassenden Reviews der Technologie, internationalen Erfahrungen, aber auch Hürden in der öffentlichen Wahrnehmung arbeitet die Evaluierung den potenziellen Beitrag und die Notwendigkeit von CCS zum Erreichen der Klimaziele heraus. Wo und in welchem Ausmaß CCS auch in Deutschland eingesetzt werden soll, soll der geplante Stakeholderdialog rund um die Carbon Management Strategie klären.  

CCS war in Deutschland lange kein Thema. Der Evaluierungsbericht zeigt, dass CCS in heutigen Klimadiskussionen eine immer wichtigere Rolle einnimmt – auch aufgrund der Tatenlosigkeit im Klimaschutz der vergangenen Jahre. Neben dem Einsatz von CCS zur Vermeidung von Prozessemissionen aus der Industrie erwähnt der Bericht auch andere Maßnahmen. Langfristig soll auch die Bindung von CO2 in Produkten (Carbon Capture and Utilization, CCU) eine Rolle spielen. Technische Negativemissionen durch die Nutzung nachhaltiger Biomasse oder „Direct Air Capture“ in Verbindung mit CCS (Carbon Dioxide Removal, CDR) sind als Möglichkeit, aber auch Notwendigkeit dargestellt.  

Ein Blick zu den Nachbarländern 

Der Blick zu Deutschlands Nachbarländern, die die Diskussion um CCS schon vor Jahren geführt haben, zeigt, dass die Technologie dort schon umgesetzt wird. Sie ist vor allem Teil einer Klimaschutzstrategie für die heimische Industrie und wichtiges Werkzeug, um die nationalen Verpflichtungen der Pariser Klimaziele einzuhalten.  

Eine Projektübersicht zeigt, wie auch Länder wie Dänemark, die bisher die Speicherung von CO2 verboten hatten, inzwischen eine Kehrtwende vollzogen haben. Seit Juli 2022 dürfen CO2-Speicher als Teil von Pilotprojekten erschlossen werden. Weitere Länder wie Großbritannien befinden sich in den finalen Zügen der Entwicklung von Förderrahmen und planen so in den nächsten zehn Jahren mehrere Millionen Tonnen CO2 aus der Industrie vermeiden zu können. In den Niederlanden ist CCS schon seit geraumer Zeit über Klimaschutzverträge (Carbon Contracts for Difference, CCfDs) förderbar. In Deutschland müssen aber zunächst regulatorische Hürden aus dem Weg geräumt werden. Bei den erforderlichen Nachbesserungen des regulatorischen Rahmens für Deutschland stützt sich der Evaluierungsbericht auf das von Bellona bei der Anwaltskanzlei Becker Büttner Held in Auftrag gegebene Gutachten, das wir Anfang 2022 veröffentlicht haben. 

Der Evaluierungsbericht stellt anhand von unterschiedlichen Szenarien klar, dass ohne CCS kaum ein Transformationsszenario die Klimaziele erreichen kann. Allein Modelle mit enormer Abhängigkeit von natürlichen Senken schließen CCS aus. Die Nachhaltigkeit solcher natürlicher Senken und die Frage, ob das CO2 wirklich permanent gespeichert wird, wird von immer mehr Expertinnen und Experten in Frage gestellt. So könne nicht verifiziert werden, dass es sich wirklich um Negativemissionen handelt.   

Die Vermeidung von Emissionen als oberste Priorität 

Für Bellona hat die Vermeidung und Minderung von CO2-Emissionen die höchste Priorität für effektiven Klimaschutz. Wie auch der Evaluierungsbericht klarstellt, kann CCS auch bei industriellen Prozessemissionen verhindern, dass CO2 in die Atmosphäre gelangt – obwohl diese Emissionen in der Entstehung als „unvermeidbar“ gelten. Das sogenannte Offsetting von tatsächlich „unvermeidbaren“ Emissionen, z.B. aus der Landwirtschaft, muss auf ein Minimum limitiert werden. Minderungsziele dürfen daher auch nicht mit Negativemissionszielen vermischt werden – wie Bellona Deutschland erst im November klargestellt hat. Wo dennoch negative Emissionen zum Einsatz kommen, haben technische Pfade über CCS eine wesentlich robustere Nachweisbarkeit, auch aufgrund der ebenfalls im KSpG aufgeführten Auflagen zum Monitoring von Speicherstätten.  

In dem Evaluierungsbericht zum KSpG wird ebenfalls die Notwendigkeit einer Carbon Management Strategie für die Bundesrepublik Deutschland aufgezeigt. Diese soll neben den noch offenen rechtlichen Rahmenbedingungen auch die Einordnung von CCS bzw. CCU zur Erreichung der Klimaziele 2045 beinhalten. Dabei sollen durch einen breit aufgestellten Stakeholderdialog die Bedürfnisse und Notwendigkeiten aller betroffenen Akteure berücksichtigt werden.  

In insgesamt zehn Maßnahmenfeldern soll der Rahmen für die Einführung und Umsetzung von CCS und CCU gesetzt werden. Dabei geht der Bericht auf die abstrakte Bedeutung der Technologien in definierten Bereichen wie der Logistik, Geschäftsmodelle, aber auch auf einzelne Branchen, für die CCS und CCS relevant ist, ein.  

Durch die Carbon Management Strategie muss es zu einer Einordnung von CCS als Teil des Klimamaßnahmenkatalogs kommen, damit die Technologie zum Klimaschutz in der Industrie beitragen kann. Es ist dafür notwendig, auch die Rahmenbedingungen für den schnellen Auf- und Ausbau der dafür notwendigen CO2-Infrastruktur zu diskutieren. Gleichzeitig muss in der Umsetzung die Einhaltung eines hohen Umweltstandards beim Bau und Betrieb von Abscheideanlagen, dem Transport und der Speicherung sichergestellt werden. Der breite Stakeholderdialog wird hier wichtig sein – auch um Vorbehalte gegenüber der Technologie zu adressieren. Gleichwohl ist die Finanzierung der Infrastrukturprojekte bisher noch nicht geregelt. Durch die derzeit noch diskutierten Klimaschutzverträge, die Anfang 2023 in Kraft treten sollen, wird die Absicherung für Investitionen von Industrieunternehmen im Bereich der Abscheidung übernommen. Ein ähnliches Modell sollte auch für Infrastruktur und Speicherung eingeführt werden, um Anreize zu schaffen. Vor allem der offene Zugang zur Infrastruktur, und der dazu notwendige Regulierungsrahmen, z.B. als Regulated Asset Base Modell, sind wichtige Faktoren – auch um Vertrauen zwischen den Akteuren zu schaffen. 

Um die offenen Fragen gemeinsam mit Industrie, Politik, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften zu diskutieren und gemeinsame Positionen zu den offenen Themen zu finden, hat Bellona Deutschland das CCS Forum gestartet. Mit dieser Initiative unterstreicht Bellona Deutschland die Notwendigkeit, technische Klimaschutzmaßnahmen zu skalieren, um die Umwelt und den Wirtschaftsstandort Deutschland als zentrales Element des sozialen Wohlstands zu schützen.