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Herkunftsnachweise im Energiebereich (DIN-EN 16325) – Bellona Deutschlands Kritik am aktuellen Normentwurf

: Januar 18, 2023

: Luisa Keßler

Klimaschutz ist auch Detailarbeit – die Norm EN 16325 ist ein gutes Beispiel dafür. Diese schafft einen standardisierten, übertragbaren Herkunftsnachweis, der die Offenlegung der Energieherkunft ermöglicht und somit die Identifizierung bestimmter Energiequellen für Endverbraucherinnen und Endverbraucher erleichtert. Bisher besteht ein solches Herkunftsnachweissystem nur für Strom aus erneuerbaren Energien. Gemäß der Erneuerbare-Energien-Richtlinie II (RED II) der Europäischen Union soll dieses nun auf Gase, wie Erdgas und Wasserstoff, sowie Wärme und Kälte ausgeweitet werden. Wenn Herkunftsnachweise einen wirklichen Beitrag zum Klimaschutz leisten sollen, ist eine detailgenaue Analyse und die Beseitigung von Mängeln der Vorgängerversion erforderlich.  

Auf europäischer Ebene befindet sich die Norm EN 16325 bis Ende Februar in der Konsultationsphase. Was konkret in der novellierten Fassung festgeschrieben wird, ist deshalb so wichtig, weil auch der Entwurf der Bundesregierung zum Herkunftsnachweisregistergesetz vorgibt, dass Herkunftsnachweise für gasförmige Energieträger gemäß der Norm DIN-EN 16325 erfolgen sollen. Das Herkunftsnachweisregistergesetz dient der Verbraucherinformation, dem Verbraucherschutz und letztlich – so die Intention – auch dem Umweltschutz, indem es vorgibt, Energie aus erneuerbaren Quellen transparent zu machen. Zusätzlich zu dem bereits bestehenden Herkunftsnachweisregister für Strom soll das Umweltbundesamt ab 1. Januar 2024 auch eines für gasförmige Energieträger führen.  

Wir haben die Möglichkeit genutzt, den Entwurf des Standards zu kommentieren und fassen nachfolgend unsere zentralen Kritikpunkte zusammen. 

Unsere Kritik am aktuellen Entwurf  

Der aktuelle Normentwurf sollte unbedingt in drei wesentlichen Punkten angepasst werden, um die Einhaltung strikter Nachhaltigkeitskriterien zu gewährleisten. 

Punkt 1) Differenzierung der Energieträger: 

Gas ist nicht gleich Gas. Gasförmige Kohlenwasserstoffe und Wasserstoff müssen separat betrachtet und der Standard entsprechend in Punkt 3.31 angepasst werden. Anderenfalls würde dieser Tür und Tor für das Vermischen von Erdgas und Wasserstoff öffnen, was gleich aus mehreren Gründen vermieden werden sollte. Unter anderem erschwert ein Erdgas-Wasserstoff-Mix die gezielte Nutzung beider Gase, führt nicht zu signifikanten Emissionseinsparungen, und geht mit nicht unerheblichen Gesundheits- und Sicherheitsrisiken sowie einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Treibhausgasleckagen einher.   

Punkt 2) Angabe der stündlichen Korrelation muss obligatorisch sein:

Der aktuelle Normentwurf sieht vor, dass lediglich die Angabe des ersten und letzten Tages, an dem der Output produziert wurde, auf den sich der Herkunftsnachweis bezieht, angegeben werden muss (siehe Punkt 4.5.2.2). Die genaue Zeitspanne der Produktion festzuhalten, ist hingegen optional (siehe Punkt 4.5.2.3). Einerseits erwarten wir, dass die Angabe der stündlichen Korrelation ohnehin durch den Delegierten Rechtsakt zu erneuerbaren Kraftstoffen nicht-biogenen Ursprungs (RFNBOs) gefordert sein wird. Andererseits sollten Herkunftsnachweise in jedem Fall zukunftstauglich und somit bezüglich der zeitlichen Korrelation maximal genau und transparent sein. Nur so kann sichergestellt werden, dass erneuerbarer Strom nur dann zur Wasserstoffproduktion genutzt wird, wenn er auch tatsächlich verfügbar ist.  

Punkt 3) Berücksichtigung von Netzverlusten:  

Die Berücksichtigung von Netzverlusten (siehe Punkt 5.4.6) sollte nicht optional, sondern obligatorisch sein und für alle Energiearten und -träger gelten, nicht nur für Wärme und Kälte. Anderenfalls würde man rechnerisch fälschlicherweise davon ausgehen, dass Netzverluste im Allgemeinen ausschließlich fossile und nicht auch erneuerbare Energiearten und -träger betreffen. In der Praxis betreffen Netzverluste aber natürlich anteilig alle Energiearten- und Träger gleichermaßen. Aus diesem Grund sollten Herkunftsnachweise für Erneuerbare nicht suggerieren, dass beispielsweise eine produzierte KWh erneuerbaren Stroms auch tatsächlich vollständig bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommt. In einem Energiesystem, das hoffentlich irgendwann gänzlich auf erneuerbaren Energien basiert, würde die aktuelle Rechnung nämlich nicht mehr aufgehen.  

Herkunftsnachweise können ein nützliches Instrument für den Klimaschutz sein. Soweit sie jedoch Schlupflöcher enthalten, ist der Schaden potenziell größer als der Nutzen. Es gilt also insbesondere sicherzustellen, dass der überarbeitete Standard nicht regelrecht zu einer Vermischung von Erdgas und Wasserstoff einlädt und der Zeitstempel auf die Stunde genau ist.