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Konsultationsbeitrag zur geplanten Kraftwerksstrategie

Autor:innen: Luisa Keller; Georg Kobiela

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat im September und Oktober 2024 die beihilferechtlich erforderliche Konsultation zur geplanten Kraftwerksstrategie vorgenommen, die im Rahmen des Kraftwerkssicherheitsgesetzes umgesetzt werden soll. Ziel des Gesetzes ist es, das deutsche Energiesystem auf ein langfristig vollständig erneuerbares Stromsystem auszurichten und zugleich die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. 

Der Gesetzentwurf sieht Ausschreibungen für neue Kraftwerkskapazitäten in zwei Säulen vor: 

Säule 1 umfasst 5 GW neue wasserstofffähiger Gaskraftwerke, 2 GW für Modernisierungsprojekte sowie 500 MW sogenannte Wasserstoffsprinter-Kraftwerke, die direkt mit 100 % Wasserstoff betrieben werden sollen. Zudem sind 500 MW Langzeitstromspeicher vorgesehen. Die wasserstofffähigen Gaskraftwerke müssen spätestens acht Jahre nach ihrer Inbetriebnahme auf einen 100 %-igen Wasserstoffbetrieb umgestellt werden. 

Säule 2 sieht weitere 5 GW Kraftwerkskapazitäten vor, die flexibel und robust betrieben werden sollen, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Diese Anlagen sind nicht verpflichtet, auf Wasserstoff umzustellen, müssen jedoch langfristig mit den Klimazielen kompatibel sein – etwa durch den Einsatz von Dekarbonisierungstechnologien wie CCS/CCU, die Substitution von Erdgas durch kohlenstoffarme Alternativen oder durch eine frühzeitige Stilllegung. 

Wir haben die Gelegenheit genutzt, einen Konsultationsbeitrag zu Säule 1 einzureichen und dabei haben Bedenken in drei zentralen Punkten geäußert:  

Kosten und Unsicherheiten beim Wasserstoffhochlauf 

Während Langzeitstromspeichertechnologien in einem zukünftig gänzlich auf volatilen Erneuerbaren basierenden Stromsystem notwendig sind, sind mit einem auf Wasserstoff basierenden Dekarbonisierungspfad erhebliche Risiken verbunden. Die Kosten für Wasserstoff werden auf absehbare Zeit hoch bleiben, insbesondere für grünen Wasserstoff. Die H2-Verstromung wird also teuer sein und könnte die Kosten der Dekarbonisierung erheblich steigern. Aufgrund des ungewissen Wasserstoffhochlaufs besteht das realistische Risiko, dass die „H2-ready“-Kraftwerke deutlich verzögert und/oder mit viel höheren resultierenden Emissionen in Betrieb gehen. Dies könnte dazu führen, dass diese Kraftwerke faktisch zu einem Subventionsprogramm für fossiles Gas werden – entweder durch den Einsatz von blauem Wasserstoff oder durch die Verlängerung des fossilen Gasbetriebs. 

CCS als gefährliche Hintertür 

Die Option, fossile Kraftwerke durch CCS zu dekarbonisieren, betrachten wir sehr kritisch. „CCS-ready“ bleibt häufig ein leeres Versprechen, da Nachrüstungen teuer und technisch komplex sind. Wenn CCS in Betracht gezogen wird, wäre es ehrlicher dies von Beginn an einzuplanen und umzusetzen („CCS-now“), anstatt eine unkonkrete CCS-Hintertür offen zu lassen. Grundsätzlich halten wir CCS im deutschen Stromsektor aber für eine suboptimale und tunlichst zu vermeidende Option.  

„Picking winners“ statt Offenheit 

Die starre technologische Fokussierung auf thermische Kraftwerke und deren Subventionierung erscheint angesichts vielversprechender Entwicklungen bei anderen, potenziell effizienteren Stromspeichertechnologien zu starr und lässt befürchten, dass hier unliebsame Pfadabhängigkeiten geschaffen werden. So werden beispielsweise stationäre Wasserstoff-Brennstoffzellen nicht berücksichtigt. Eine größere Technologieoffenheit wäre wünschenswert, um unterschiedliche Lösungen für Netzstabilität und Stromspeicherung zu fördern, anstatt mit einem Tunnelblick den Wasserstoffeinsatz zu fördern und „picking winners“ zu betreiben.  

Lesen Sie die ausgeführten Punkte in unserer Konsultationsantwort zum Entwurf des Kraftwerkssicherheitsgesetzes nach: