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Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre (Carbon Direct Removal, CDR)

: März 29, 2022

: Bellona

Um das Klima zu schützen wird es nicht reichen, die Emissionen auf Null zu senken. Zusätzlich muss der CO2-Gehalt der Atmosphäre gesenkt werden. Dazu ist der Einstieg in Technologien für negative Emissionen dringend notwendig.

Klimaschutz geht im Allgemeinen über Dekarbonisierung, also über die Vermeidung von Kohlenstoff. Eine Windkraftanlage vermeidet den Kohlenstoff in der Kohle eines Kohlekraftwerks, ein Elektroauto braucht den Kohlenstoff im Benzin nicht, eine Wärmepumpe heizt ohne den Kohlenstoff im von der Gasheizung benötigten Erdgas und so weiter.

Gleichzeitig gibt es einige Anwendungen, die ohne Kohlenstoff nicht auskommen. Dazu gehören vor allem Produkte der chemischen Industrie, die selbst Kohlenstoff enthalten, zum Beispiel Lacke, Farben, Kosmetika, Waschmittel, Werkstoffe auf Kunststoffbasis. Der Kohlenstoff kommt derzeit aus Erdöl oder Erdgas. Am Lebensende dieser Materialien wird CO2 in aller Regel in die Atmosphäre freigesetzt. Eine klimaneutrale chemische Industrie, die von Kohle, Erdöl und Erdgas unabhängig ist, braucht eine andere Kohlenstoffquelle.

Negative Emissionen

Um das Klima zu schützen, wird es nicht reichen, die Emissionen auf Null zu senken. Schon seit vielen Jahren weisen die Berichte des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) die Notwendigkeit von sogenannten negativen Emissionen aus. Ein weiterer Begriff dafür ist das englische Carbon Direct Removal (CDR). Das bedeutet, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre gesenkt werden muss. Dieses kann auf drei verschiedene Weisen geschehen, zwei davon erfordern die permanente geologische Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS):

  • Bio-CCS (Bio-Energie mit Abscheidung und permanenter geologischer Speicherung von CO2) Nachhaltig erzeugte Biomasse wird in hocheffizienten Kraft-Wärmekopplungsanlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme genutzt. Das bei der Verbrennung der Biomasse entstehende CO2 wird abgeschieden und permanent geologisch gespeichert. Da die Pflanzen während des Wachstums CO2 aus der Atmosphäre entnommen haben, bedeutet es eine Senkung des CO2-Gehalts der Atmosphäre.
  • DACCS (Direct Air Carbon Capture and Storage) Das CO2 wird direkt aus der Atmosphäre entfernt, indem große Mengen Luft über Filter gepumpt werden, welche das CO2 aus der Luft aufnehmen. Wird diese CO2-Menge permanent geologisch gespeichert, führt es zur Absenkung des CO2-Gehalts der Atmosphäre.
  • Natürliche Senken Einige Ökosysteme sind in der Lage, CO2 aufzunehmen und in sich zu speichern. Dazu gehören zum Beispiel wachsende Wälder, Moore oder extensiv bewirtschaftetes Weideland (Grünland). Wenn das Wachstum der Pflanzen und der Aufbau kohlenstoffreicher Böden größer ist als deren Absterben und Zersetzen, dann kann in Summe eine CO2-Entnahme stattfinden. Wichtig dabei ist, dass natürliche Senken nicht auf ihre Klimawirkung reduziert werden, denn ihre große Bedeutung liegt in der Artenvielfalt.

Angesichts der Dringlichkeit effektiver Klimaschutzmaßnahmen kann auf keine dieser Möglichkeiten verzichtet werden.

CDR Zwei Wege zum Erreichen negativer Emissionen

Ehrliche und umfassende Erfassung der CO2-Mengen

In den letzten Jahren werden Begriffe wie „klimaneutral“, in neuester Zeit auch „climate positive“ oder „lifetime carbon neutral“, immer mehr zwecks Werbung und in der Beschreibung von Produkten, Dienstleistungen und Aktivitäten benutzt. Auch im politischen Raum spielen diese Begriffe und die Bezeichnung als „grün“ oder „nachhaltig“ eine zunehmende Rolle. Allerdings ist die Verwendung dieser Bezeichnungen sehr unterschiedlich. Was es konkret für die klimaschädlichen Emissionen bedeutet, ist oft sehr schwer zu erkennen und erfordert eine eingehende Beschäftigung mit der angewendeten Berechnungsmethode. Damit Bürger und Politiker die richtigen Entscheidungen treffen können, ist aber eine klare und konsistente Darstellung der Klimawirkung notwendig. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es um die Einführung neuer Technologien geht.

Bellona setzt sich für eine ehrliche und umfassende Erfassung der CO2-Mengen im Zusammenhang mit negativen Emissionen ein. Nur so kann sichergestellt werden, dass Verfahren mit einer tatsächlichen CO2-Entnahme kommerzialisiert werden und ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten können. In einem Bellona-Bericht The net-zero compatibility test: a simple guide for GHG accounting of CO2 use – Bellona.org sind die wesentlichen Grundprinzipien beschrieben.

Kohlenstoffquelle. Das erste wesentliche Grundprinzip ist die Erfassung des gesamten Wegs, den der Kohlenstoff nimmt, einschließlich seiner ursprünglichen Quelle.

Die CO2-Quelle macht den entscheidenden Unterschied zwischen Klimaschaden, Klimaneutralität und negativer Emission. Die CO2-Quelle macht den entscheidenden Unterschied zwischen Klimaschaden, Klimaneutralität und negativer Emissionen

Der zweite wesentliche Faktor ist die Energiequelle. Der Prozess der direkten Entnahme des CO2 aus der Atmosphäre erfordert das Pumpen großer Luftmengen über CO2-Entnahmefilter. Diese Ansaug- und Pumpmaschinen verbrauchen vergleichsweise viel Energie. Nur wenn der Antrieb dafür mit 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien erfolgt, kann die klimaschützende Wirkung erreicht werden. Auch für alle anderen Prozesse müssen alle energiebedingten Emissionen mitberücksichtigt werden.

Wird Biomasse eingesetzt, so müssen sämtliche mit der Herstellung der Biomasse einhergehenden Emissionen erfasst und die Nachhaltigkeit der Biomasse sichergestellt werden.

Drei Ziele

Für effektiven Klimaschutz ist es notwendig, dass Emissionsreduktionen möglichst schnell und umfassend erfolgen und zusätzlich Technologien für negative Emissionen eingesetzt werden. Ebenfalls zusätzlich müssen natürliche Ökosysteme geschützt, restauriert und ausgeweitet werden. Sie werden als natürliche Kohlenstoffsenken unter anderem auch zum Klimaschutz beitragen, ihr Wert geht aber über die CO2-Bindung weit hinaus. Deshalb sollten die Emissionsreduktionen, negative Emissionen und natürliche Senken nicht gegeneinander aufgerechnet, sondern als drei separate Zwecke mit eigenen Zielen parallel verfolgt werden.

Bellona fordert:

  • Die Bundesregierung muss schnellstmöglich den Einstieg in die Technologien für negative Emissionen ermöglichen und dazu den regulatorischen Rahmen und ein Förderregime schaffen
  • Die Wirksamkeit von klimaneutralen Verfahren oder Verfahren mit negativen Emissionen muss durch eine klare, konsistente und umfassende Kohlenstoffbilanzierung gesichert sein. Diese Bilanzierung muss
    • den gesamten Weg des Kohlenstoffs erfassen, einschließlich seiner ursprünglichen Quelle
    • alle Emissionen vollständig mit einbeziehen, insbesondere auch die energiebedingten Emissionen
  • Die Kohlenstoffbilanzierung muss sowohl für Projekte im Inland als auch für Projekte im Ausland gleichermaßen gelten. Eine tatsächliche Entnahme des CO2 aus der Atmosphäre und seine permanente Speicherung müssen Grundvoraussetzung für Anrechenbarkeit auf deutsche Ziele oder Förderung sein.
  • Emissionsreduktion, negative Emissionen und Schaffung natürlicher Senken müssen als drei separate Zwecke mit jeweils eigenen Zielen verfolgt werden.