Stellungnahme von Bellona Deutschland im Rahmen der Verbändeanhörung zum KSpTG
Der Referentenentwurf des Kohlendioxid-Speicherungs- und Transportgesetzes (KSpTG-E) stellt einen ersten, grundlegenden Schritt zur Schaffung eines gesetzlichen Rahmens für die tiefengeologische Speicherung und den Transport von Kohlendioxid in Deutschland dar. In unserer Stellungname konzentrieren wir uns auf die Bedeutung des KSpTG als zentrale Grundlage eines klimapolitisch wirksamen Hochlaufs von CCS in Deutschland und zeigen Chancen, Risiken und Verbesserungspotenziale im Zusammenspiel mit der noch ausstehenden Carbon Management Strategie und flankierenden Förderinstrumenten auf.
Das Gesetz muss folgende Aufgaben bzw. Funktionen erfüllen (Details in der vollständigen Stellungnahme):
1. Klimapolitisch effektiver Hochlauf von CCS
- Die Entscheidung zum Aufbau eines CO₂-Leitungsnetzes als Klimainfrastruktur und der Ausschluss des Zugangs von CO2 aus der Kohleverbrennung sind wichtige Weichenstellungen für die Industrietransformation auf dem Weg zur Klimaneutralität. Zusätzlich muss sich die angekündigte Priorisierung für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren und den Aufbau des Wasserstoffnetzes aber auch in die Realität umsetzen.
- Skeptisch sind wir in u. a. in Bezug auf die angestrebte Höhe der Pönalen bei Nichterfüllung der NZIA-Speicherverpflichtungen (vgl. Artikel 23 NZIA) und eine unzureichende Berücksichtigung multimodaler Transportoptionen.
- In Ergänzung zu den neuen (konkretisierungsbedürftigen) umfassenden Reporting-Pflichten öl- und gasfördernder Entitäten empfehlen wir u. a. die Erstellung eines öffentlich zugänglichen, detaillierten Speicherkatasters.
2. Effektive Steuerung der administrativen Akteure
- Der im Gesetz angelegte One-Stop-Shop-Ansatz kann Genehmigungsprozesse deutlich vereinfachen und die Verfahrenskoordination verbessern.
- Aufgrund der Vielzahl der beteiligten Behörden wäre eine transparente Übersicht zu Rollen und Verantwortlichkeiten der beteiligten Stellen zu welchem Zeitpunkt in Ergänzung zum KSpTG hilfreich.
3. Information der Öffentlichkeit und relevanter Stakeholder
- Frühzeitige, kontinuierliche Informations- und Partizipationsangebote durch Vorhabenträger, Bund, Länder und Behörden sind notwendig, um Vertrauen in die Technologie. Das KSpTG sollte entsprechende Aufträge klarer statuieren.
4. Begrenzung von Umweltrisiken und Flächenkonflikten
- Hohe Standards beim Naturschutz, der Ausschluss einer CO2-Speicherung in Küstenmeer und Meeresschutzgebieten und die Einbindung fachlicher zuständiger Behörden stellen wichtige Grundlagen einer auch naturschutzpositiven CO2-Speicherung dar.
- Gleichzeitig ist der Umgang mit Flächenkonflikten (z. B. Offshore-Wind) nicht präzise im Gesetz entwickelt und die Gewährung des „überragenden öffentlichen Interesses“ für jedes CO2-Leitungsvorhaben kann mit Blick auf den differenzierten Klimanutzen der verschiedenen CCS-Anwendungen (auch im Verhältnis zum Ausbau von Stromnetzen und H2-Netzen) als Abwägungsinstrument zur bedingt überzeugen.
- Ergänzend bedarf es eine differenzierten Einordnung dieser Infrastrukturvorhaben im Rahmen der Carbon Management-Strategie und im KSpTG einer klarer Regelungen zum Umgang mit Flächenkonflikten offshore wie onshore zur Gewährleistung höchster Umwelt- und Naturschutzstandards.
5. Durchführungssicherheit der CO₂-Speicherung
- Der Entwurf schafft grundlegende Voraussetzungen für sichere Speicherprozesse und legt Zuständigkeiten für Monitoring und Risikobewertung an.
- Viele sicherheitsrelevante Fragen, etwa zur Überwachung und Havarieplanung, bleiben aber offen oder werden in Rechtsverordnungen verschoben.
- Diese Regelungslücken müssen zügig geschlossen und unabhängige Expertise zur Vertrauensbildung eingebunden werden.
6. Evaluationsrahmen für CCS-Gesetzgebung
- Die Ausweitung des Evaluationsumfangs beim vierjährlichen KSp(T)G-Evaluierungsbericht zeigt das Bemühen um eine lernende Regulierung und Fortschrittskontrolle.
- Zentrale Bewertungsdimensionen wie die ökologische Eignung, gesellschaftliche Akzeptanz oder Rückwirkungen des CCS-Einsatzes auf Bereiche der Transformation zur Prävention fossiler Lock-in-Effekte (Bsp. CCS-Gaskraftwerk, so diese sich realisieren sollten, und Rückwirkungen auf die Energiewende) sollten ergänzt werden. Insbesondere sollte geklärt werden, welche Evaluationsinhalte Gegenstand einer iterativen Carbon Management-Strategie sein können, und welche Teil der KSpTG-Gesetzesevaluation sein müssen.
Weitere Rahmenbedingungen und Aufgaben im weiteren Prozess
1. Carbon Management-Strategie (CMS)
- CCS-Anwendungskriterien festlegen, die sich am Klimanutzen orientieren
- Zielsektoren benennen: Zement-, Kalk-, Abfallwirtschaft als vorrangig, ergänzend auch Teile der Chemie- und Stahlindustrie (für Restemissionen)
- Regionale Unterschiede und standortspezifische Gegebenheiten (z. B. Chemieparks) systematisch berücksichtigen
- Kriterien für flexible Lösungen im Rahmen von industriellen Cluster definieren, um CCS lokal effizient einzusetzen
2. Förderrahmen für CCS-Projekte
- Investitionsrisiken absichern, z. B. durch: staatliche Risikoabsicherungsmechanismen und / oder ein Amortisationskonto für CO₂-Infrastrukturen.
- Klimaschutzverträge (KSV) in Phase 2 zügig ausrollen und weiterentwickeln – auch für CCS, neben Elektrifizierung und H₂.
3. Umgang mit Carbon Capture and Utilisation (CCU)
Klare Kriterien für die Anwendung von CCU definieren: Klimanutzen besteht nur bei…
- langfristiger Emissionsminderung,
- Nutzung erneuerbarer Energien,
- strengen Bilanzierungsregeln.
4. Förderung von Alternativen zu CCS
- CCS ist kein Allheilmittel – auch Alternativen müssen weiterentwickelt und finanziell gefördert werden.
- Forschung zu CCS-Alternativen muss gestärkt und mit eigenen Mitteln abgesichert werden, die nicht im Rahmen eines Nullsummenspiels von CCS und CCU abhängig sind.
Weitere Empfehlungen und nötige Entscheidungen finden sich in unserer Roadmap Carbon Management.