Über die Chancen von CCS spricht man (endlich). Der wissenschaftsbasierte und technologieoffene Standpunkt von Bellona Deutschland ist eindeutig: Wir müssen CCS ermöglichen, um die Transformation zu einer klimaneutralen Industrie zu schaffen. Welche Vorteile CCS bietet und vor welchen Herausforderungen wir stehen, klärt dieser Artikel.
Über die Chancen von CCS spricht man (endlich). Die Abscheidung und permanente geologische Speicherung von CO2 ist dieser Tage auf der Agenda vieler Diskussionsrunden und Panels von Industrie, Wissenschaft und Politik. Viele entdecken die Relevanz der Technologie. Bellona arbeitet seit über 20 Jahren an dem Thema und ist zu Gast auf zahlreichen Panels und bei Diskussionen, so z.B. bei einem Workshop der Wissenschaftsplattform Klimaschutz oder dem Expertenforum des CDRmare.
Der wissenschaftsbasierte und technologieoffene Standpunkt von Bellona Deutschland ist eindeutig: Wir müssen CCS ermöglichen, um die Transformation zu einer klimaneutralen Industrie zu schaffen. Welche Vorteile CCS bietet und vor welchen Herausforderungen wir stehen, klärt dieser Artikel.
Emissionen verringern, bevor sie in die Atmosphäre gelangen
Es bestehen immer noch viele Vorurteile und Unsicherheiten, wenn es um CCS geht. Doch je weiter die Klimakrise voranschreitet und die Emissionen nicht im genügenden Maße reduziert werden, desto klarer wird: CCS ist ein sehr wichtiger Baustein, um Klimaneutralität zu erreichen.
Eines vorab: CCS mindert Emissionen. Denn es setzt bei Industrieprozessen an, um CO2 gleich bei Entstehung wieder abzufangen, damit es erst gar nicht in die Atmosphäre gelangt. Stattdessen wird es permanent geologisch, also unter der Erde, gespeichert.
Hier liegt auch der wesentliche Unterschied zu Negativemissionen. Bei der Abscheidung von CO2 aus der Atmosphäre (Carbon Direct Removal, CDR) kommen Emissionen erst in die Atmosphäre und müssen von dort mit hohem Aufwand wieder entfernt werden. Erfolgt die Entfernung nicht zeitgleich, sondern, wie in vielen Klimaschutzszenarien vorgesehen, erst im Nachgang, entsteht zwischenzeitlich ein Klimaschaden. Dieser kann dann lediglich im Nachhinein begrenzt, aber nicht gänzlich vermieden werden.
Negativemissionen als Lösung?
Diese sogenannten Negativemissionen spielen in den Szenarien, die der Weltklimarat IPCC aufzeichnet, eine immer größere Rolle, da immer noch zu viel CO2 in die Atmosphäre gelangt und sich das in den nächsten Jahren auch höchstwahrscheinlich nicht ändern wird. Die Möglichkeiten zur nachträglichen Entfernung sind v.a. großflächige Aufforstung, nachhaltige Landnutzung und der massive Einsatz von Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen als CO2-Speicher im Städtebau. Und darin liegt auch das Problem: Die Verfügbarkeiten von nachhaltig hergestellter Biomasse und Landfläche sind begrenzt.
Filtert man das CO2 mit technischen Mitteln aus der Luft heraus (Direct Air Capture), braucht man eine große Menge an erneuerbaren Energien, die wir noch nicht haben. „CDR ist oft eine Verschiebung der Problemlösung auf später“, gibt Dr. Erika Bellmann, Geschäftsführer Bellona Deutschland, zu bedenken. „Das ist gefährlich, denn je mehr CO2 jetzt in die Atmosphäre gelangt, desto schwieriger ist es später, es durch Negativemissionen wieder herauszuholen. Deswegen müssen wir jetzt schneller Emissionen reduzieren und dafür alle Technologien nutzen, die uns zur Verfügung stehen. Dazu gehört auch CCS.“
CO2 dauerhaft speichern
CCS speichert Emissionen über geologische Zeiträume. „Leider werden zurzeit verschiedene Speicherungen miteinander vermischt und zum Teil gleichgesetzt, obwohl die Unterschiede immens sind. Somit haben sie auch komplett andere Auswirkungen auf die Klimabilanz“, warnt Bellmann. Biologische Speicherungen wie die Speicherung in Agrarböden oder Aufforstung sind dabei oft nur von geringer Permanenz. In einigen Fällen ist schon nach 10 Jahren mit einer Freisetzung von Kohlenstoff in die Atmosphäre zu rechnen. „Derartige Speicherungen dürfen nicht als Ausgleich von Emissionen gesehen werden, besonders nicht im EU-Emissionshandel“, fordert Bellmann. Besonders wichtig: Ein klimaneutrales Siegel von Unternehmen darf nicht auf dieser kurzfristigen Speicherung beruhen, da Emissionen nicht lange genug aus der Atmosphäre ferngehalten werden, um einen relevanten Unterschied für die Klimabilanz zu bedeuten.
Auch für die Kosten muss die Permanenz eine Rolle spielen. Wenn z.B. ein Agrarboden-Zertifikat eine Permanenz von nur 10 Jahren garantieren kann, dann müsste der Prozess der Einspeicherung alle 10 Jahre wiederholt werden, um die klimaschonende Wirkung aufrecht zu erhalten. Damit kostet diese Methode 250 Euro pro 100 Jahre und ist somit teurer als CCS.
Was bedeutet das für die Klimapolitik?
Wenn wir CCS implementieren und nutzen, reduzieren wir Emissionen. Das wiederum minimiert auch den Bedarf an Negativemissionen. Damit können wir die begrenzte Verfügbarkeit von nachhaltiger Biomasse, Landfläche und erneuerbarer Energien schonen. CCS sollte als Emissionsreduktionsmaßnahme priorisiert werden.
Leider ist aber jetzt schon klar, dass es ohne Negativemissionen nicht gehen wird. Die Bundesregierung sollte jetzt Ziele für Negativemissionen setzen, die die Emissionsminderungsziele ergänzen. Um eine erfolgreiche Klimapolitik umzusetzen, braucht es einen Dreiklang von Zielen:
- Emissionsreduktion, wozu auch CCS-Maßnahmen gehören
- Geologisch gespeicherte Negativemissionen, hier besonders BECCS (Bioenergy with Carbon Capture & Storage) und DACS, um v.a. permanente Speicherung von CO2 zu fördern
- Biogen gespeicherte Negativemissionen, wobei es hier nicht allein um das Zusammenzählen von CO2 -Molekülen geht, sondern v.a. auch um Artenvielfalt und den Aufbau von Naturräumen mit hohem kulturellem Wert, zum Beispiel Erholungswert
Damit diese Ziele auch umgesetzt werden können, müssen die richtigen regulatorischen Rahmenbedingungen für die Installation von CO2-Auffanganlagen und den CO2-Transport schnellstmöglich geschaffen werden. Welcher Rechtsrahmen dafür nötig ist, haben wir in einem Gutachten zusammengetragen.